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Medienberichten zufolge
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist der Hort der journalistischen Feinarbeit. Zumindest wird uns regelmäßig das engmaschige Korrespondentennetz als Grund präsentiert, weshalb wir monatlich 17,98 EUR bezahlen müssen. Warum eigentlich?
Jeder öffentlich-rechtlich Hörer oder Seher hatte wahrscheinlich in den letzten Monaten ein solches Erlebnis. Da läuft gebührenfinanzierte Werbung für etwas, was keine Werbung nötig hätte, da es ebenfalls aus Gebühren finanziert wird – also in jedem Fall stattfindet, weil es garantiert bezahlt ist. Genau genommen ist es auch keine Werbung, sondern eine Rechtfertigungskampagne. Das hat was von Straßenräuber, der sich für seinen Raub damit entschuldigt, dass er zuhause hungrige Mäuler stopfen muss. Wobei das ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein ist. Werbung für den Umstand, dass man viele Mitarbeiter hat, die wahrscheinlich die längste Zeit des Jahres das jeweilige Landeswetter hassen oder genießen und dafür Geld bekommen, ist es nicht.
Der Hinweis, dass diese Mitarbeiter aufgrund der örtlichen Vertrautheit bessere Recherchen machen und entsprechend gut informieren könnten, mögen in der Theorie richtig sein. Wird dann tatsächlich mal einer von denen gebraucht, die auf Außenposten sind, von denen man bisher gar nicht wusste, dass man da einen Außenposten braucht oder sogar hat, packt einen wechselweise das Grauen, Mitleid und anschließend die Wut. Da sitzt jemand das ganze Jahr und hat dann trotzdem keine Ahnung, kann sein Nichtwissen nur in unvollständige Sätze kleiden, kämpft mit der Technik und hat eine Ausstrahlung, als hätte er einen Langzeittest mit seinem Deo am laufen.
Es ist natürlich nachvollziehbar, dass jahrelanger Dämmerschlaf keine Routiniers erzeugt. Dass an dem Tag, an dem man sich nach monatelangem Grübeln ein Regal aus dem Baumarkt aufstellen will, der Sender einen vor die Kamera zwingt — das sind die Wendungen des Schicksals, die niemand vorhersehen kann.
Allerdings ist auffällig, dass in den letzten Wochen und Monaten eine Formulierung an Bedeutung gewinnt, die Nachrichtensprecher der öffentlich-rechtlichen Anstalten ganz beiläufig einstreuen, deren Tragweite damit heruntergespielt wird: «Medienberichten zufolge… ». Da ist man Bockelstolz auf seine Journalisten-Armada, lässt sich die richtig was kosten und holt sich die Infos dann doch lieber aus der Bild oder von RTL & Co.? Wenn so ein vergessener Reporter seinen Bericht abliefert, dann weiß man wenigstens, woran man ist. «Medienberichten zufolge» ist eine Quellenangabe, die aussagt, dass man es irgendwo anders gehört oder gelesen hat, von dem jetzt erzählt wird. Aber das hat keiner recherchiert, erlebt oder überprüft. Wenn es dass ist, was wir für unsere Gebühren bekommen, reicht statt Korrespondentennetz womöglich ein Abo von ein paar überregionalen Zeitungen aus verschiedenen Kontinenten. Zum Zeitungskauf in Timbuktu Personal abstellen, ist in Zeiten des Internets unangemessen. Damit Rundfunkgebühren rechtfertigen wäre schamlos. «Medienberichten zufolge» vermittelt jedenfalls den Eindruck, dass ein ehrenwerter Straßenräuber über einen Vergleich erbost sein könnte.
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